Die covid19 Pandemie hat die Sportwelt 2020 fest im Griff. Wettkämpfe sind rar gesät und die Grossveranstaltungen alle komplett abgesagt. Die Läufer müssen so z.B. auf den Berlin Marathon verzichten, die Trailläufer auf den UTMB, die Triathleten auf Kona und wir SwimRunner auf die Ötillö World Championship. Wir selbst mussten unseren SwimRun Hof canceln. Ebenfalls abgesagt wurden hier in Deutschland die gesamte SwimRun Urban Challenge, 1000lakes der Ötillö World Series, der SwimRun in Rheinsberg und der in Neckar-Rems und zuletzt auch der Insel SwimRun in Ratzeburg.
Und dennoch konnten ein paar wenige Rennen bisher stattfinden. Da war Anfang Juli der Backwaterman in Niederösterreich, Mitte Juli der SwimRun Illmensee in Deutschland und Ende Juli der SwimRun Engadin in der Schweiz. Drei Rennen, an denen wir teilgenommen haben. Drei Veranstalter bzw Veranstalterteams, die sich die Mühe gemacht und den organisatorischen Herausforderungen gestellt haben. Dafür sind wir und sicherlich nicht nur wir alleine sehr dankbar. Doch wie sahen die Rennen jeweils aus? Konnten sie wirklich covid19 gemäss durchgeführt werden? Hier eine rückblickende Analyse.
BackwaterMan, Ottenstein Stausee, Niederösterreich | 4./5. Juli 2020
Da der Backwaterman als allererstes Rennen in diesem Jahr gestartet wurde, waren wir gespannt auf die Umsetzung. Österreich hat zum 1. Juli (mit einem Vorlauf von 1-2 Wochen Bekanntmachung) die Bestimmungen zu covid19 gelockert und so konnte das Event überhaupt realisiert werden.
Die Durchführung bedeutet ein erhebliches Mehr an zeitlichen und personellen Ressourcen. Besucherströme waren beim SwimRun am Sonntag durch die weitläufige Strecke weniger zu erwarten, bei den OpenWater Bewerben am Samstag sollten diese durch das Personal bestmöglich kanalisiert werden.
Durchführung Backwaterman Open Water und SwimRun
- Einzelstart mit 15 sec. individueller Startzeitnahme
- sicherheitshalber wurde jeder Bewerb auf max. 100 Personen beschränkt
- zeitlich autarke Rennen, um Menschensammlungen zu vermeiden: zeitliche Entzerrung des Programms
- Versuch, durch zusätzliches Security Personal die Besucherströme zu steuern
- keine Siegerehrung auf engem Raum
- Änderung von Strecken, um Begegnungen zu vermeiden
- Race Briefing per Facebook Lifestream
- keine Aufhängung von Maps, Startlisten, Resultaten etc., um Gruppierungen zu vermeiden
- nur Online Anmeldung, keine Nachregistrierung
Am Samstag wurden die verschiedenen OpenWater Bewerbe stark zeitlich versetzt gestartet, um den Sporttag zu entzerren. Bei jeder der vier Distanzen gab es Einzelstarts. Das Ziel am Bootshafen war räumlich etwas enger, so dass auf die Zielverpflegung verzichtet wurde und jeder Schwimmer stattdessen ein „Sackerl“ ausgehändigt bekam. Die Siegerehrung wurde vom Umfang her kleinst gehalten. Am Sonntag wurden die SwimRunner ebenfalls zeitlich versetzt auf die drei Distanzen gelassen. Wie am Vortag Einzelstarts mit mehreren Sekunden Abstand zueinander, obwohl der Schlosspark mehr Platz als das Areal am Vortag bot. Die Versorgungsstationen waren räumlich grosszügig platziert, so dass neben den Hygienevorschriften zur Verpflegung auch die Abstandsregeln gewahrt werden konnten. Das „after-race“ Bankett fand im Restaurantbereich statt und folgte den Bestimmungen für die Gastronomie zu covid19.
Die Besucher des Sees und die Badegäste hingegen waren durch den Veranstalter kaum zu kontrollieren. Abstandsregeln in der nahe gelegenen Gastronomie am Samstag wurden kaum eingehalten, die Österreicher nahmen dies deutlich lockerer.
SwimRun Illmensee, Deutschland | 18. Juli 2020
Für den SwimRun Illmensee der Veranstalter zuvor ein umfangreiches Hygienekonzept erarbeitet und dies den zuständigen Behörden vorgelegt. Inhalt waren vorallem auch eine Charakterisierung des Sports (Outdoor, kontaktlos) sowie Abstandsregeln und Organisation des Wettkampfes selber (Startaufstellung, Verpflegung, Siegerehrung). Dieses Konzept wurde abgesegnet. Die maximale Teilnehmerzahl wurde auf 100 SwimRunner festgelegt.
Ein grosser Vorteil des SwimRun Illmensee war sicherlich die Lokalisation im Seefreibad Illmensee selbst. Der Einlass erfolgte über die offizielle Pforte, wodurch nicht nur die Teilnehmer (zusätzlich zur Meldeliste) sondern auch Begleitpersonen und Zuschauer namentlich registriert werden konnten.
Durchführung SwimRun Illmensee
Die Startaufstellung erfolgte locker und in kleinere Startblöcke unterteilt. Der Start erfolgte als Massenstart und wie zu erwarten war das Feld zu Beginn natürlich recht eng (etwas zu eng) beisammen. Die Versorgungsstationen boten grosszügig Platz, die hygienischen Vorschriften zu Einmalbechern und abgepackter Verpflegung wurden bestens eingehalten. Im Zielbereich war von Gruppenumarmungen und körpernahen Gratulationen abzusehen, der Moderator war angewiesen, wiederholt auf die Abstandsregeln hinzuweisen. Da sich im Starterfeld allerdings viele untereinander befreundete Athleten befanden, war die Umsetzung nicht immer gegeben. Die Zielverpflegung war auf ein Minimum reduziert. Die Siegerehrung fand mit grossem Abstand der Athleten und Organisatoren zueinander statt. Auch hier gab es keine Möglichkeit der Nachmeldung, jeder Teilnehmer musste sich online vorab einschreiben.
Ötillö World Series SwimRun Engadin, Schweiz | 25./26. Juli 2020
Nach einer erfolgreichen Premiere des Rennens auf Catalina Anfang März 2020, wurden die folgenden Rennen auf Hvar, Utö und den Isles of Scilly gecancelt. Das Event in der Schweiz stellte somit den Start in eine neuen Qualifikationsrunde für die World ChampionShip 2021 dar. Unruhe brachte direkt im Vorfeld noch die Einreisebeschränkungen der Schweiz dar, die unter anderen den Schweden eine 10tägige Quarantäne auferlegte. Am Donnerstag vor dem Rennen wurde diese Beschränkung aufgehoben, das Orgateam jedoch musste die Bestimmung noch befolgen.
Die Regeln zum Event selbst des Schweizerischen Bundesamts für Gesundheit des Gesundheitsamtes des Kantons Graubünden waren vor allem:
- nicht mehr als 300 Personen
- Massnahmen betreffend Hygiene und Abstand für die Veranstaltung sind vorzusehen; eine Unterschreitung des Abstands ist zulässig, wenn geeignete Schutzmassnahmen wie das Tragen einer Gesichtsmaske oder das Anbringen zweckmässiger Abschrankungen vorgesehen werden. Können aufgrund der Art der Aktivität, wegen örtlicher Gegebenheiten oder aus betrieblichen oder wirtschaftlichen Gründen während einer bestimmten Dauer weder der erforderliche Abstand eingehalten noch Schutzmassnahmen ergriffen werden, so muss die Erhebung von Kontaktdaten der anwesenden Personen vorgesehen werden (818.101.26, Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie, Schweizer Bundesrat)
Die Organisatoren erarbeiten ebenfalls ein umfangreiches Konzept für ihre Rennen, das eventuell dazu jeweils noch an die länderspezifischen Regularien angepasst wird.
Durchführung Engadin SwimRun
Das Teilnehmerfeld wurde an beiden Tagen deutlich reduziert, um die Gesamtzahl von 300 Personen inklusive Organisation und Helfer nicht zu überschreiten. Nach Auskunft der Organisation erfolgte vorab eine Begehung durch die Gesundheitsbehörde und danach die endgültige Freigabe des Events. Im Meldewesen der Ötillö World Series stellen Nachmeldungen zumeist keine Option dar. Die Briefings fanden alle virtuell über Facebook statt. Die Startaufstellungen waren an beiden Tagen lockerer, die Teilnehmer waren angehalten, bis kurz vor dem Start Einmalmasken zu tragen. Diese wurden vom Veranstalter gestellt und zum Abwurf waren Tonnen vor Ort. Somit konnten die landeseigenen Bestimmungen zu covid19 auch beim Massenstart gut umgesetzt werden, wobei es beim Start selbst für kurze Zeit natürlich dann doch recht eng zu ging. An den Versorgungsstationen gab es genug Raum, um die Abstandsregeln zu wahren, ebenso im Zielbereich. Die Versorgung erfolgte aus hygienischer Sicht einwandfrei. Zusätzlich trugen alle Offiziellen (Orga und Helfer) während des ganzen Events Mund-Nasen-Masken. Die Strecke ist sehr weitläufig, so dass hier kaum Zuschauer anzutreffen waren. Im Start-Ziel-Bereich wiederum war genügend Raum für Social Distancing. Auf Umarmungen und körpernahe Gratulationen wurde von allen Seiten verzichtet.
SwimRun zu covid19
In unseren Augen wurden alle drei Rennen gemäss den jeweils geltenden Bestimmungen der verschiedenen Länder umgesetzt. Auch wenn es verschiedentlich kritisierende Stimmen zu den Rennen gab, die sich vor allem auf schlechte Aussenwirkung von Bildern und Videos bezogen, hat jeder der Veranstalter viel Mühe und Aufwand betrieben, um sein Event auch in dieser Zeit durchführen zu können. Österreich setzte auf Einzelstarts und entschied sich gegen einen Massenstart (was die Schwimmer teils sogar sehr begrüssten). Das deutsche Rennen bemühte sich um eine möglichst lockere Startaufstellung. In der Schweiz hingegen gab es Massenstarts, diese aber unter erheblich höheren Hygienebestimmungen. Verschiedene Länder, verschiedene Regularien, verschiedene Umsetzungen. Leider haben wir keine Informationen von Organisatorenseite zu dem polnischen Rennen Aquaman Międzychód, das am selben Wochenende wie der Bewerb im Engadin stattfand. Aber auch hier wurde an Strecke und Durchführung gefeilt, um das Event zu ermöglichen. Jeder Veranstalter war sich unserer Meinung nach wohl seiner Verantwortung gegenüber seinen Teilnehmern und Freiwilligen, aber auch der Situation selbst sehr bewusst und sich trotz der erschwerten Bedingungen bemüht, allen Regularien und Vorschriften gerecht zu werden.
Kurz zu den abgesagten Rennen
Warum nun konnten andere Rennen nicht durchgeführt werden? Hof lag zu früh, das Rennen selbst hätte eventuell realisiert werden können, aber da Ende Mai noch alle gastronomischen Einrichtungen sowie Hotels geschlossen waren, erschien uns eine Durchführung nicht wirklich möglich. Die Rennen der Urban Challenge wurden wegen behördlichen Unwägbarkeiten und nicht abzuschätzendem finanziellen Risiko abgesagt. Der SwimRun Rheinsberg ist schlichtweg zu gross und fällt somit unter das bis zum 31. August ausgesprochene Verbot von Grossveranstaltungen. Die Veranstalter des SwimRun NeckarRems sahen sich einem unlösbaren räumlichen Problem gegenüber: der Start-Ziel-Bereich ist klein, zumal die Behörden einen Abstand von 1.5m auch auf der Strecke vorschrieben und somit quasi ein Überholverbot auf dreiviertel der Strecke bestanden hätte. Das Team in Ratzeburg setzt auf die familiäre Athmosphäre am und im Bootshaus, die die Regelungen um covid19 aber komplett untersagte, zumal auch dort das Platzangebot zu gering ist, um das social distancing gut beachten zu können.
Umso dankbarer können wir für die Events in unserer Sportart sein, die stattfinden können und konnten. Und hoffen, dass sich die Situation und die Gegebenheiten weiter verbessern, so dass 2021 wieder ein besseres Jahr für uns Athleten und Veranstalter wird.
Vielen Dank an Andreas Sachs (BackwaterMan), Daniel Schwarz (Illmensee) sowie Michael Lemmel und Dominik Leu (SwimRun Engadin) für ihre Informationen.
Hinterlasse einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar schreiben zu können.