SwimRun Gear Test unter rauhen Bedingungen
Ende März trafen sich Vertreter von World of Swimrun (WoS), Swimrun France (SR-F) und Swimrun Germany (SRG) in Marseille, Frankreich zum ersten internationalen Swimrun Equipment Test. Vier Tage lang wurde Ausrüstung von über 40 Herstellern getestet und debattiert, darunter auch 10 verschiedene Modelle eines SwimRun Wetsuit. Im Gegensatz zu den üblichen ruhigen Bedingungen in den rauen und steilen „Calanques de Sormiou“ bei Marseille fand der Test bei Regen, stürmischen Winden, hohen Wellen, starken Strömungen und heisser Sonne statt.
Da der Großteil der SwimRun Rennen einen Schwimmanteil von weniger als 20% der Gesamtstrecke hat, sind das Tragegefühl beim Trailrun und die jeweilige Charakteristik beim Laufen wirklich wichtig. Die Schwierigkeit beim Vergleich verschiedener Anzüge: manche kommen mit langen Beinen und andere enden über dem Knie (sog. „Shorty“). Da die meisten Athleten am Ende ihren Anzug kürzen, behandelten wir jedes Modell wie einen Shorty, d.h. schlechtere Lauf-Performance durch Material am Knie wurde ausgeblendet.
Im Test: SwimRun Wetsuit | SwimRun Neopren
Der Neoprenanzug (Wetsuit) ist das wohl wichtigste Stück Ausrüstung für Swimrun-Rennen und –Training. Ein SwimRun Wetsuit sollte guten Auftrieb bieten, gut in kaltem Wasser isolieren, bequem beim Laufen sein und an Land gute Belüftung bei heißen Bedingungen ermöglichen („Cabin Down“ Modus: das Oberteil wird heruntergezogen).
Das sind die Hauptunterschiede im Vergleich zu normalen Triathlon- oder Freiwasseranzügen, die nur zum Schwimmen verwendet werden. Ein guter SwimRun Wetsuit sollte sich gut an den Körper anpassen, hier gibt es jedoch verschiedene Ansprüche und individuelle Körpertypen: mesomorph, endomorph oder ektomorph. Dies kann die Suche nach dem richtigen Anzug mit gutem Sitz zur Herausforderung machen.
Colting SR02 – Testsieger und Liebling des Teams
Während des Testwochenendes mauserte sich der Colting SwimRun Wetsuit SR02 schnell zum Liebling des Teams. Er war nicht nur im Wasser am schnellsten, sondern lieferte auch das beste Laufgefühl. Der Anzug ist mit flexibler Rückseite an den Beinen, im Schritt und am Gesäß ausgestattet und bietet 1,5 mm dünnes Material an den Beinseiten für maximale Beweglichkeit. Die allgemeine Passform war exzellent und der Anzug fühlt sich fast (bzw. nicht) wie eine zweite Haut an. Obwohl der Anzug für alle Körpertypen entwickelt wurde, kann er beim ektomorphen Typ etwas eng sitzen im Brustbereich, besonders wenn man den „Stauraum“ der 4 (!) Innentaschen ausnutzt. Die zwei Reißverschlüsse vorne & hinten erleichtern das Abrollen am Oberkörper, insbesondere der lange RV vorne erleichtert eine gute Ventilation. Beim Schwimmen bietet der Anzug die höchste Flexibilität im Schulter- und Halsbereich (ebenfalls 1,5 mm Stärke) und verursacht kein „Chafing“ im Genick (die gefürchtete Hautabschürfung in der Kraulposition, wie sie bei vielen Modellen verbreitet ist). Dickeres Neopren an den vorderen Oberschenkeln bieten zusätzlichen Auftrieb mit dem Ziel, auf eine Pullbuoy verzichten zu können (nebenbei auch eine gute „Gummisicherung“ gegen Abrutschen der Pullbuoy). Die vier Innentaschen wirken etwas klein und zwei davon sind ohne Klettverschluss zur schnelleren Bedienung. Der SR02 wird als „Full Suit“ verkauft, wobei ihn die meisten wohl über dem Knie kürzen und mit SwimCalfs (Auftriebshilfe am Schienbein) als zusätzlichen Auftrieb am Unterschenkel kombinieren werden.
Orca RS1 – Erfolgreiches 2017er Update
Der neue Orca RS1 ist ein echter Eyecatcher – das neue Design & die Signalfarben kamen gut beim Team an. Dieser SwimRun Wetsuit erhielt einige Updates zum Vorjahresmodell mit 2 Reißverschlüssen, langen Armen, kurzen Beinen und 6mm Material am Oberschenkel für zusätzlichen Auftrieb. 2017 sind es kurze Ärmel mit wechselbaren Ärmeln und nur noch ein Front-RV. Das An- und Ausziehen der Ärmel fiel leicht und kein Wasser drang an der „Nahtstelle“ in den Anzug – was den Anzug sehr variabel für kälteres oder wärmeres Wasser macht. Bei kräftigeren Oberarmen könnte er jedoch etwas eng sitzen. Die jetzt 10 mm dicken Auftriebshilfen am Oberschenkel bieten genau dies – Auftrieb – und eine gute Positionierung im Wasser: so werden viele diesen Anzug komplett ohne Pullbuoy verwenden können. Der RS1 lief sich besser als erwartet und das dicke Neopren am Bein störte wenig. Jedoch vermissten wir einen hinteren Reißverschluss – ohne diesen ist es fast unmöglich, das Oberteil alleine herunter zu rollen. Der vordere Reißverschluss wirkte im Vergleich zum Vorgänger etwas fragil. Die hintere Tasche bietet guten Stauraum und die kleine vordere Tasche für die Signalpfeife ist ein nettes Detail!
Utter – starker Newcomer aus Frankreich
Bei uns noch unbekannt, hat die französische Marke Utter Pan gerade ihren ersten SwimRun Wetsuit vorgestellt, den wir „frisch aus der Fabrik“ testen konnten. Das Test-Team befand: einen solides Produkt auf Einsteiger-Niveau mit einigen Features, die sich auch bei höherpreisigen Anzügen finden. Kombiniert man diesen bereits gekürzten Wetsuit mit den sehr dicken SwimCalfs derselben Firma erhält man einen guten Auftrieb und Wasserlage. Das dünnere Material im Schulterbereich ergibt genügend Flexibilität beim Schwimmen und die blauen Einsätze sorgen für ein markantes Design. Das rauhere Material im unteren Bereich wirkt robust und gut gegen Abnutzung gerüstet. Die zwei Innentaschen bieten ausreichenden Stauraum, wobei die äußere, hintere Tasche Verbesserungspotenzial hat: der Reißverschluss ist schlicht zu kurz für einen einfachen Zugang. Obwohl mit Front- und Rücken-RV ausgerüstet, waren die Belüftungsmöglichkeiten nicht auf dem Niveau der anderen Anzüge mit doppeltem Reißverschluss und das Abrollen des Oberteils erwies sich als schwieriger aufgrund der Rückentasche, die den RV einschränkt. Der Anzug läuft sich angenehm, wobei er sich in Kombination mit den SwimCalfs etwas schwer anfühlt. Insgesamt ein guter Eindruck für ein brandneues Modell einer jungen Marke.
Mako – SwimRun-Debut von etabliertem Hersteller
Mako ist vor allem auf dem französischen Markt bekannt für seine schnellen Triathlon-Anzüge. Ihr neuer SwimRun Wetsuit kam gut beim Team an und eignet sich gut für Einsteiger. Auch dieser Anzug bietet einige Features der teureren Modelle. Er kommt mit kurzen Beinen und langen Armen, was die passende Kombination für die meisten Einsätze ist. Im Wasser ist er geschmeidig und bietet eine gute Schulter-Rotation, unerfahrenere Schwimmer brauchen hier eventuell einen zusätzlichen Pullbuoy für mehr Auftrieb und eine bessere Wasserlage. An den Schlüsselstellen wird flexibleres Material für mehr Bewegungsfreiheit eingesetzt – für eine gute Performance beim Laufen sind diese gut gewählt. Auch hier verspricht das rauhere Material im unteren Bereich Robustheit und Langlebigkeit. Zwei lange Reißverschlüsse vorne und hinten bieten gute Ventilation und einfaches Abrollen des Oberteils. Der Stauraum ist etwas limitiert mit zwei kleinen Taschen, eine innen und eine außen, wobei die Erreichbarkeit der letzteren noch verbessert werden könnte für Athleten mit weniger Flexibilität.
Huub Amphibia – der bewährte Favorit
Der Huub Amphibia ist schon für manche ein Klassiker und gefiel dem Testteam während des Wochenendes. Seit er 2016 herauskam überzeugt er mit seinem geradlinigen, ausgewogenen Design und Features. Obwohl der Anzug nicht ganz so schnell wie andere war überzeugte er mit gutem Schwimmkomfort und ausreichender Schulterflexibilität. Auch hier werden viele einen separaten Pullbuoy für zusätzlichen Auftrieb einsetzen, insbesondere wenn die Beine gekürzt werden. Seine Stärke spielt der SwimRun Wetsuit beim Laufen aus, wo das flexible Material im unteren Bereich punktet. Heruntergerollt gehört der Amphibia zu den komfortableren Wetsuits beim Laufen und kommt geschmeidig durch technisches Terrain. Manchen Testern fiel eine Neigung zum Abschürfen am Hals auf doch insgesamt hält das 2016er Modell immer noch gut mit den anderen Anzügen mit.
Camaro – der flexibelste SwimRun Wetsuit auf dem Markt
Mit dem Utö Pulsor ging Camaro in eine neue Richtung. Mit nur einem diagonalen Reißverschluss vorne und extrem flexiblem Open Cell Neopren Material war dies der erste „Full Suit“ in dem sich komfortabel laufen lässt – seine Flexibilität hat die Entwicklung heutiger Anzüge mit flexiblen Einsätzen im Beinbereich beeinflusst. Der Utö Pulsar war auch der erste Anzug mit Stauraum am unteren Rücken. Der Anzug war bei Testteam vor allem wegen seiner Fähigkeiten beim Laufen beliebt. Auch beim Schwimmen profitiert man von seiner großen Flexibilität. Ein Kürzen ist hier nicht notwendig, da Materialeinsatz und -Platzierung bereits guten Auftrieb bieten – im Team wurde dennoch ein zusätzlicher Pullbuoy für noch mehr Auftrieb bevorzugt. Im Vergleich zu anderen Modellen „heizt“ dieser Anzug weniger auf. Das komplette Schließen am Hals erwies sich als schwierig, hier funktionierte der Magnetverschluss nicht wie erwartet. Die zwei großen hinteren Taschen waren leicht zugänglich und ausreichend für die notwendige Ausrüstung und Ernährung.
Head Rough – Der All-Rounder
Der Rough war einer der ersten SwimRun Wetsuit auf dem Markt. Einzige Veränderung zum Vorjahresmodell ist ein verbesserter Halsabschluss gegen das Wundscheuern. Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten und das Gefühl der Unzerstörbarkeit gefielen dem Testteam. Das verwendete Material bietet eine gute Ventilation beim Laufen, schien jedoch bein Schwimmen noch Luft nach oben zu haben Sachen Geschwindigkeit. Das Kürzen fällt hier sehr leicht, Reißverschlüsse vorne und hinten und das flexible Material erleichtern das Abrollen. Die zwei inneren Taschen sind ausreichend für Gels oder Softflasks. Mitgedacht: vorne und hinten befinden sich Ösen für den Einsatz eines Swimrun Seils zum „Abschleppen“ im Wasser oder an Land. Der preisgünstige Anzug bietet sich als gute Trainingsalternative oder „Backup“ fürs Rennen an. Die Sichtbarkeit im Wasser gehört zu den besten und empfiehlt den Anzug für das Freiwassertraining in rauhen Bedingungen. Ein sehr flexibler Anzug für eine Vielzahl von Wassersportarten.
Head Race – Der beste Head SwimRun Wetsuit insgesamt
Als der Race herauskam war er ursprünglich als Topmodell geplant – der damals wahrscheinlich beste Anzug auf dem Markt. Bei der aktuellen Marktentwicklung empfiehlt er sich nun als gute Wahl im mittleren bis oberen Preissegment. Die Tester waren sich einig darin, hier einen insgesamt guten Wetsuit – sowohl im Wasser als auch an Land – zu haben. Flexibel genug für eine gute Schulterrotation und die zusätzlichen Einsätze für mehr Auftrieb bieten eine gute Wasserlage. Beim Laufen war sich das Team einig, den Anzug besser über dem Knie für mehr Beweglichkeit zu kürzen. Der Anzug bietet den besten Kompromiss aller Head Wetsuits sowohl für Einsteiger als auch erfahrenere SwimRunner. Bei einigen Testern trat Scheuern am Halsbereich auf. Das Außenmaterial wirkt etwas sensibel, insbesondere beim Rutschen über Steine und im Hüftbereich, wo normalerweise die Pullbuoy platziert wird.
Head Aero – Das Juwel für Spezialisten
Seit seinem Debüt Ende 2016 ist der Head Aero die erste Wahl. Mit seiner Kombination aus Wetsuit-Oberteil und Stretchmaterial im Unterteil bringt er Swimrun auf ein neues Niveau. Neu auch der Verzicht auf den hinteren Reißverschluß und damit der Fokus auf vordere Belüftung, was den Anzug attraktiv für kürzere oder Sprint-Rennen macht. Auf der Gegenseite geht das Abrollen nur mit Hilfe des Partners und das Beinmaterial bedeutet einen hohen Verlust an Auftrieb und auch Isolation – die Tester kompensierten entsprechend mit großen Pullbuoys für eine bessere Wasserlage. Insgesamt hinterließ der Aero als SwimRun Wetsuit einen guten Eindruck, allerdings eher für spezielle Athletentypen oder spezielle Rennkurse. Im Test auffällig: obwohl der Aero im oberen Bereich richtig gut sitzt, saß das Beinmaterial nach dem Schwimmen eher lose und neigt zu Faltenbildung über dem Knie und im Wadenbereich, insbesondere beim Sprung ins Wasser – Füße zuerst natürlich, wie es sich für SwimRunner gehört.
Head Base – Der „Original“ Swimrun Wetsuit
Der Head Base war der erste „richtige“ SwimRun Anzug auf dem Markt und die ersten Modelle hatten noch verschiedene Probleme bei Material und Schnitt. Heute ist der Base ein guter Tipp für SwimRun Einsteiger. Der Testanzug wirkte im Vergleich etwas „schwer“ und die Größen wirkten nicht so präzise ausgelegt, weshalb manche Tester Schwierigkeiten hatten, die richtige Größe für einen guten Sitz zu finden. Der Base funktioniert im Wasser und an Land gut, hat zwei Reißverschlüsse vorne/hinten – was will man als Einsteiger mehr. Auch hier trat vermehrt Scheuern im Halsbereich auf und wie beim Race wirkt das Außenmaterial etwas sensibel. Der Markt bietet heutzutage viel Konkurrenz in derselben Preislage.
Ergänzende Hinweise
Einen Anzug kauft man nicht „trocken“ im Laden. Testet euren Wunschanzug immer unter echten SwimRun-Bedingungen, da er sich erst im Wasser komplett an den Körper anpasst (natürlich ist ein SwimRun Testcamp eine gute Option hierfür – oder leiht testweise bei Bekannten oder über unseren Testcenter aus).
Bei längerer Lagerung: immer auf links gedreht, zusammengerollt oder gefaltet ohne direkte Lichteinstrahlung lagern und nie längere Zeit am Kleiderbügel hängen lassen, wenn der Anzug mal im Einsatz war. Neoprenmilch einmal jährlich zur Pflege schadet nicht. Manchein SwimRun Wetsuit schrumpft über die Jahre etwas.
Danke! Wir sagen DANKE an alle Hersteller, die unseren Test mit der Bereitstellung von Testmodellen unterstützten. Großer Dank auch an www.randorunning.com für die logistische Unterstützung, Fix‘ Eltern für die Beherbergung des Testteams und last-but-not-least, euch SwimRunnern da draußen, die mit uns im ständigen Dialog sind und uns so viele nützliche Fragen stellen!
Von Swimrunnern – fürSwimrunner
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