Bericht von Josi Kelz
ÖTILLÖ World Series Engadin
Am 08.07.2023 stellten Dirk und ich uns der Herausforderung der World Series Strecke im Engadin. Den Sprint hatten wir hier bereits zweimal gemeinsam bewältigt. Unser Ziel: Durchkommen ist alles.
In diesem Jahr gab es in wenigen Bereichen kleine Änderungen. Zum Beispiel bekamen wir am Donnerstag einen QR-Code für unsere Startbeutelabholung zugeschickt. Im Stoffbeutel enthalten waren die Chips, Startleibchen, Badekappen, Schlüsselanhänger und Gutscheine für AfterRace Nudeln und ein nicht-alkoholisches Getränk. Auf dem Gelände war leider nur ein ÖTILLÖ Merchandise Stand, Be WTR und Swijin. Kein ARK und kein Vivobarefoot. Das Ausleihen bzw. Ausrüstung kaufen war somit nicht möglich. Ich fand es schade.
Weiter gab es für jedes Team einen GPS Tracker, sodass man auch live verfolgt werden konnte. Das hat scheinbar auch ganz gut funktioniert. Nach wie vor gibt es das Online Race Briefing, welches 15 Minuten vor dem Start noch mit lokalen Infos erweitert wurde.
Das Wetter war für den heutigen Tag sehr gemischt angesagt. Die Wassertemperatur betrug zwischen 12-14°C, Luft war auf 22°C angesagt. Ob es trocken bleibt, das Gewitter vorbeizieht und was der Wind macht, sollte sich noch herausstellen. Ich war sehr unentschlossen, ob ich die Armlinge anziehen sollte oder nicht. In den vorherigen Jahren war ich hier mit kurzem Neo gestartet und gut klargekommen. Wir beide hatten neben dem Training das erste Mal auch eine Unterweste an, da unsere Neos keine Transportmöglichkeiten mehr boten. Nachdem ich die Armlinge erst doch noch geholt, dann wieder ausgezogen habe, habe ich sie in wirklich letzter Sekunde doch noch aus der Tasche gezogen und bin halb angezogen in den Startbereich gegangen. Später war ich sehr glücklich über diese Entscheidung und den kurzfristigen Anziehstress.
In der Startbox hörten wir den letzten Informationen zu und warteten gespannt auf den Startschuss. Nur selten erblickten wir einen Teilnehmer, der wie wir ohne Paddles an den Start ging.
Peng … los geht’s
Das erste Laufen war kurz und schnell, dann ging es direkt in das kalte Wasser. Da die SwimRunner hier noch alle zusammen waren, war es beim ersten Schwimmen ein Riesengewusel. Gemein, dass zwischendrin noch ein Bach einfloss, der die Temperatur auf Gefriertruhe heruntersetzte. Aus dem Wasser raus ging es schnell zum nächsten Schwimmen. Das Atmen fiel mal wieder etwas schwer in dieser Höhenlage, zusätzlich kämpfte Dirk mit der Enge der Unterweste.
Das zweite Schwimmen übernahm ich vorne. In den Sprintrennen war die Beachflag meist kaum zu sehen. Heute war sie etwas versetzt und die Lichtverhältnisse so, dass ich sie sehr gut ausmachen konnte. Nach diesem Schwimmen folgte ein 500m Lauf auf einem Singletrail. Nach weiteren 400m im Kalten wartete die erste EnergyStation. Hier gab es Wasser, Energy, Banane, Nüsse und Gummibärchen. Wir hielten uns nicht lange auf und machten uns bereit für den langen bergigen Lauf. Neos runterziehen, Luft holen. Unsere Strategie war schnell zu wandern und unsere Stärke im Bergabrasen zu nutzen. Nach 5,4km berghoch kam die nächste EnergyStation. Es gab wieder Wasser, Energy, Apfel, Kekse. Es ging dann nochmal berghoch, bevor das lang ersehnte Bergab los ging. Hier konnten wir wieder ganz viele Teams einholen. Mittlerweile waren wir in einer Traube unterwegs, die sich gegenseitig immer wieder einholte und man sich ein „hello again“ zuwarf. Wieder am See angekommen trennte sich die World Series Strecke von der Sprint Strecke. Für uns ab jetzt also Neuland. Wie kurz einem ein Sprint in diesem Moment vorkommt. Es ging nun wieder ins Wasser, 600m. Der See noch ziemlich ruhig.
Traumhafte Landschaft
Als wir herauskamen liefen wir einen schönen Weg geradeaus, bis uns recht schnell andere SwimRunner entgegenkamen und uns schon winkend mitteilten, dass wir falsch waren. Also zurück. Das Schild der Abbiegung war kaum zu sehen, so sehr stand es im Gebüsch. Als wir zurückkamen stellte sich dann jemand an die Stelle zum Einweisen. Es war nicht lange eben, dann ging es gleich wieder berghoch. Dirk zog mittlerweile jedes Mal den Neo runter, weil er sonst mit der Unterweste nicht atmen konnte. Aufgrund von mangelndem Bergtraining machten sich mittlerweile die Beine bemerkbar und ich habe mich gefragt, wie ich das Rennen eigentlich durchstehen sollte. Die Landschaft machte allerdings so einiges wett. Es war einfach atemberaubend schön. Auch die Strecke des gesamten Rennens war herrlich. Man hat breite Wege, Singletrails, technisch anspruchsvolle Wege, auch gefährliche Wege. Ok, genug geschwärmt. Nachdem wir uns berghoch gekämpft haben, rasten wir wieder bergab nach Sils zur EnergyStation und zum ersten CutOff. Ich gebe zu, ich war an der EnergyStation enttäuscht. Wasser, Energy, Apfel, Kekse in einer Verpackung, die schwer zu öffnen war. Das war’s. Also weiter ging’s.
Wellen
Ich hatte Dirk zu früh veranlasst den Neo wieder hochzuziehen, sodass er auf den 1,5km etwas Atemnot bekam. Ups. Das nächste Schwimmen machte er vorne. 700m mit Wellen von der einen Seite und eine Strömung entgegen des Ziels. Das war ein hin und her Geschwappe. Und richtig fies: wir kamen aus dem Wasser und es ging richtig steil berghoch. Mit kalten Beinen kann sowas echt schwer fallen. Irgendwie schnaufend haben wir noch Riegel gegessen und sind weitergestiefelt. Dirk war mittlerweile durchgefroren und sehr froh als wir auf eine Freifläche kamen und die Sonne sich durch die Wolken kämpfte. Hier oben hatten wir eine herrliche Sicht auf die Berge und den Silsersee. Auch Kühe genossen diese Landschaft und standen ganz gerne auf dem Weg herum. Später verteidigte eine große Ziegenherde einen Wegabschnitt, sodass man sich vorsichtig einen Weg durch die Tiere bahnen musste. Auf dem Weg zum See hinunter war die nächste EnergyStation. Wasser, Energy, Apfel, Nüsse, Kekse die schmolzen. Hier ging es technisch sehr anspruchsvoll bergab, machte aber auch sehr viel Spaß. Auf dem Weg zum nächsten Schwimmeinstieg konnten wir bereits sehen, dass es sehr windete und auf dem See ganz herrliche Wellen in unsere Richtung tobten. Meine Arme waren wieder gefragt, 900m gegen Wellen schwimmen. Ich war zwar langsam, hatte aber einen Riesenspaß. Dirk hinter mir leider nicht, wie auf Malta hatte er wieder Erfahrung mit einer Foltermethode gesammelt. Das Schwierige neben dem Atmen und Ankämpfen war, die Bojen zu sehen. Die Wellen haben die Sicht einfach versperrt. Aber großartig war das Gefühl, immer wieder wie ein Surfbrett auf dem Wasser aufzuschlagen. So ein Spaß.
Wenn Hügelchen zu Bergen werden
Als wir uns nun durch das Wasser gekämpft hatten, durften wir unmittelbar wieder bergauf gehen. Hier kommt man nochmals an der vorherigen EnergyStation vorbei. Nach weiteren 2km geht man wieder ins Wasser für 900m. Diesmal mit Rückenwind und guter Sicht, da die Beachflag erhöht stand. Danach war der Weg mal nur über ein Hügelchen. Aber irgendwann sind Hügelchen gefühlt Berge. Weiter ging es wieder zur EnergyStation in Sils und zum zweiten CutOff. Das Buffet hatte sich um eine Suppe erweitert. Dirk fand sie klasse. Er hatte mittlerweile Probleme nach dem kalten Wasser wieder aufzutauen.
Bei den nächsten 600m Schwimmen war ich unendlich glücklich die Armlinge dabei zu haben. Zwischendrin waren sie mir viel zu warm, aber im Wasser waren sie wirklich nötig. Nach diesem Schwimmen, was mir sehr lang vorkam, ging es mal wieder, na rate, BERG HOCH. Der letzte f*** Berg, der letzte von 5. ABER, das war eigentlich fast der Schlimmste. Er war so steil, so lang und ich habe nur noch geflucht. Brauchte es diesen ollen Berg wirklich noch. Und er wollte einfach nicht aufhören. Wir waren so glücklich als es endlich gemäßigt bergab ging. Unten angekommen ging es ins letzte Schwimmen. Wir konnten beobachten, wie weit entfernte Teams nach links abdrifteten und bemühten uns gut rechts zu schwimmen und rechts an der Orientierungsboje vorbeizugehen. Dirk hat sie so eng genommen, dass ich draufgeschwommen bin.
Das letzte Schwimmen war geschafft. Nur noch ins Ziel laufen, dann haben wir es geschafft. Leichter gesagt als getan. Die letzten 2,3km und Dirk bekam Krämpfe. Salzkapsel runtergeschluckt. Krämpfe halbwegs weg. Der Kraft des Geistes sei Dank, wir konnten weiterrennen und überglücklich durch den Zielbogen laufen, unsere Medaille und den Nusskuchen entgegennehmen.
Unser Fazit
Die Strecke an sich ist unglaublich schön, die Berge herrlich, die Aussicht lädt zum Stehenbleiben und Genießen ein. Man muss sich wirklich klar machen, dass man 5 mal hoch und runter rennt und Höhenmeter sammelt, dass das Rennen an sich in einer hohen Lage stattfindet, was nochmal etwas mehr den Atem raubt. Das Wasser ist kalt, zumal wenn die Ermüdung einsetzt. Wir hatten bislang immer Glück mit dem Wetter, sodass das Laufen (für mich zumindest) eher zu warm war. Diesmal zog bei unserem letzten Berg ein Gewitter auf, was aber doch vorüberzog. Die Strecke ist teilweise wirklich anspruchsvoll, hier und da gibt es Stolperfallen – Augen auf.
Worüber ich tatsächlich enttäuscht bin, waren die Versorgungsstationen. Wir waren letztes Jahr auf Malta und in Cannes und hatten hier einen reichlich gedeckten Tisch. Inklusive Gels, Chips, Brot, uvm. Hier in der Schweiz gab es dagegen kaum was und ich konnte das Energygetränk einfach nicht mehr sehen und mein Magen erst recht nicht. Toll fand ich, wie viele Zuschauer interessiert waren und die Helfer ausgefragt haben. Wir wurden an ganz vielen Ecken angefeuert und bejubelt.
Und zum Abschluss ein kleiner Tipp: Hol die blöden Steine aus dem Schuh raus! Und wenn es dich 5 Minuten kostet. Nein, man holt sich keine Blasen von nassen Schuhen. Sondern wenn man stundenlang mit einem Stein im Schuh rumrennt.
Team „forestrunners“ – Josi und Dirk. Am liebsten in der wilden Natur unterwegs. Nachdem Dirk das Laufen und Schwimmen für sich entdeckt hat, wagte er sich auch an das Abenteuer SwimRun. Seit 2019 pushen sie sich gemeinsam durch SwimRun Veranstaltungen.
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