Backwater SwimRun 2021 – Fjorde in Österreich

Backwater SwimRun 2021

In Niederösterreich, im Waldviertel, wird seit 2019 ein SwimRun ausgetragen. Backwater SwimRun. Zuerst eher noch ein Anhängsel des Freiwasser-Events, etabliert er sich mehr und mehr als eigenständiges, tolles Event. Wir waren 2020 am Start und dieses Jahr wieder. Hier unser Bericht.

Backwaterman Swimrun

Barbara liegt mir seit Monaten in den Ohren den langen Kurs zu machen. Glücklicherweise konnte ich mich erfolgreich wehren. Es wird wie letztes Jahr der „Halbmarathon“ also ca. 4.8 km Schwimmen und 20 km Laufen.

Ottenstein Österreich. Gefühlt ganz hinten im Waldviertel versteckt sich ein Stausee, umgeben von Felsen, Schlössern und Burgen. Fjorde, die früher wohl schmale Täler waren, prägen den See. Letztes Jahr waren wir schon sehr begeistert von dem Event. Nicht nur, weil wir auf dem Podium der Altersklasse waren. Eigentlich hatte Andreas sich über die „Seniorenschüssel“ mokiert…. September 2021. In Deutschland finden der Ratzeburger Insel Swim-Run und die Urban Challenge Düsseldorf statt. Wir fahren nach Österreich. Mich würde die Marathonstrecke reizen, die noch an einem zweiten Stausee entlang führt, aber Andreas insistiert auf der Verteidigung unseres Pokals. Okay, sehr okay vor allem, als der Marathon dann auch dieses Jahr als zweite Runde auf der Halbmarathonstrecke ausgetragen wird.

Vorbereitung und Training?

Unsere Vorbereitung im Jahr zwei der Pandemie ist … ja wie ist sie denn? Keine Ahnung. Kann man ja schlecht überprüfen ohne Wettbewerbe. Wir waren im Juni Teil des Teams um Claudia Hille in der virtuellen SR Challenge „Big Battle“ mit dem mehr oder weniger nicht ganz so passendem Namen „Newcomers“ 🙂 . Jedenfalls konnten wir uns so motivieren, etwas spezifischer zu trainieren. Oft aber nicht wirklich intensiv. Gekrönt durch eine nächtliche Rundenaktion am heimischen Baggersee, was wirklich Spaß gemacht hat aber ob das trainingstechnisch was bringt?? Am Wochenende vor Ottenstein dann noch ein lokaler Sprint(Volks-)triathlon als schnelle Einheit. Das muss langen.

Letztes Jahr blühten die Mohnfelder, es war Hochsommer. Jetzt liegen die ersten Vorboten des Herbsts in der Luft. Es ist kühler, das Laub beginnt sich zu verfärben. Statt strahlender Sonne und blauem Himmel hängen Wolken über dem See. Es ist dunkler, mystischer. Das Starterfeld ist überschaubar, schade für Andreas Sachs, der einmal mehr hier als Organisator des Backwater SwimRun einen tollen Job macht. Gut für uns, wir wollen ja die „Seniorenschüssel“ wieder holen. Mindestens….

Renntag

Der Renntag beginnt dank eines späten Starts um 10:30 entspannt mit einem viel zu guten und üppigen Frühstück. Anzug an. Socken und Schuhe. Brille einstecken. Sonst noch was? Ja. Gurt und das Verbindungseil und die fetten Calves. Dafür gibt es keinen Pullbuoy, der mich früher oder später meist stört.

Nach der Teilnahme am Erbacher Sprinttriathlon die Woche davor bin ich doch wieder angetan, wie einfach und unkompliziert die Vorbereitung für einen SwimRun ist. Anzug, Socken, Schuhe, Calves und Brille. Leibchen an, Gurt umlegen, Seil einhängen und verstauen. Gels irgendwo hinstopfen. Fertig. Der Anzug sitzt gut, die drei Portionen Rührei (meine grosse Schwäche bei Frühstücksbüffetts im Hotel) passen rein. Mal wieder viel zu viel gegessen ….

Da alle Teilnehmer bereits bei der Registration am Vorabend einen 3G Nachweis vorlegen mussten, gibt es heute sogar einen Massenstart. 15 Grad Aussentemperatur und zum Glück doch kein Regen. Wasser um die 19° – also perfekte Bedingungen. Der Start des Backwater SwimRun erfolgt wie letzes Jahr auf der Wiese vor den Schloss Ottenstein. Erst mal hügelan, also für uns erst mal vorsichtiges tippeln. Nur nicht zu früh Körner verbrennen. Als es zum ersten Schwimmen runter geht sind wir trotzdem in der vorderen Gruppe. Nice. Also gleich dran bleiben. Es rollt sich locker und wir können mit den ersten Teams ins Wasser. Schwimmen läuft auch von Anfang an gut. Den Austieg kennen wir vom letzten Jahr. Da sind wir erst mal in die falsche Richtung gelaufen. Diesmal passen wir auf. Rund um die Ruine Lichtenfels nehmen wir Tempo raus, denn gleich geht es wieder ins Wasser. Entlang an den Felsen, die so sehr an Skandinavien erinnern, dann quer über den See zum Bootsbetrieb rüber.

Start ist wieder vor dem Schloss. Die ersten Meter gehen bergauf über die Wiese und dann auf einer Strasse (eine der ganz wenigen Asphaltberührungen) zum ersten Schwimmen. Andreas nickt noch auf meine Ansage, mal nicht zu schnell loszulegen, rennt dann aber vor mir her. Was hat er vor? Ganz rasch sehen wir uns im Feld recht weit vorne. Ein paar Einzelstarter und ein weiteres Team, dann wir. Will er die „Seniorenschüssel“ vom Start ab gewinnen? Erstes Schwimmen, ich darf vor. Jetzt gibt‘s mein Tempo. Das Wasser ist herrlich. Sedimente von Sand und Steinen trüben es etwas, aber es ist klar genug, die Felsen an den Ausstiegen gut zu erkennen. Raus, einmal um die Ruine Lichtenfels rum, wieder ins Wasser und entlang an den wunderschönen Felsformationen. Sightseeing Schwimmen. Ich liebe es. Der nächste Laufabschnitt folgt dem Wanderweg am See entlang. Andreas hat das Tempo glücklicherweis etwas reduziert, aber irgendwie sind wir flott unterwegs. Vor uns ein tschechisches Team. Im Schwimmen bleiben wir gut dran, im Laufen sind sie etwas stärker. Wie viele Fjorde und Einschnitte hat der See eigentlich noch? Hinter jeder Kurve erhoffe ich das nächste Schwimmen und es geht doch noch mal um‘s Eck. Dann dürfen wir endlich wieder ins Wasser. Andreas diesmal vorne. Tempo und Richtung gut, der Ausstieg sogar etwas zum klettern. Aber hinten schwimmen ist deutlich kühler.

Kopf an Kopf – zumindest fast

Das Wasser ist angenehm, aber sehr trüb. Beim Ausstieg bin ich schon vermeintlich am Ufer, nur um einen schritt weiter in ein Loch zu treten. Sau blöd. Ich schramm mit dem Knie über den Felsen. Geht aber noch mal gut. Ich hechte Barbara hinter her. Jetzt erst mal eine schöne Laufstrecke entlang des Fjordes. Wenn ich das richtig sehe, sind wir aktuell hinter einem Tschechischen Team an zweiter Stelle. Sehr cool. Ich will den Anschluß halbwegs halten und wir geben etwas Gas beim Laufen. Beim nächsten Schwimmen bin ich vorne. Erst halb entlang der Brücke über den See und dann direkt auf die Neon-Schwarze Flagge zu. Die ist jetzt vor den Bäumen nicht wirklich gut auszumachen, aber es geht ja allen Teams so. Ich treff die Linie aber ganz gut. Barbara „beschwert“ sich, dass es beim hintenschwimmen ganz schön kalt wird 🙂 Perfekt. Ich reiss mich nicht um das vorne Schwimmen. Barbara ist halt doch die stärkere und ausdauerndere Schwimmerin. Dann ist das also abgemacht. Sie schwimmt vorne, um nicht auszukühlen, und ich erhole mich etwas, um dann beim Laufen Druck zu machen.

Kurz vor dem nächsten Schwimmen laufen wir im Wald auf die Tschechen auf und gehen vorbei. Was?? Sind wir etwa das erste Team??? Das kann nicht sein, oder ? Oder doch? Wir schwimmen parallel mit den Beiden zum nächsten Ausstieg. Hier geht es ziemlich steil querfeldein hoch. Oben brauche ich erst mal etwas Luft und wir sind dann doch wieder das Verfolgerteam. Auch gut… Macht irgendwie Spaß. Jetzt geht es erst mal in das lange Laufsegment. Bergauf lassen wir die beiden Tschechen erst mal etwas wegziehen. Zu sehr überwiegt bei uns das „Körner aufsparen“, da wir sonst ja eher die längeren Distanzen machen und dort meist hintenraus ordentlich eingehen, wollen wir nicht schon zur Halbzeit auf dem Zahnfleisch daher kommen. Zum Glück ist der recht offene Laufabschnitt nicht wie letztes Jahr in der prallen Sonne 🙂 .

Kurz vor dem vierten Schwimmen sind die Tschechen auf einmal im Wald direkt vor uns. Verlaufen? Gemeinsam gehen wir ins Wasser und schwimmen parallel, Kopf-an-Kopf quer über den See. Der Ausstieg ist steil und weglos, als es oben wieder laufbar wird, zieht das andere Team wieder weg. Wir sind jetzt in dem langen Laufsegment. Am Knotenpunkt hab ich bei der Feuerwehr letztes Jahr schon ein leckeres Bier bekommen. Heute ist es eher kühler, aber als Booster für den Rückweg bestelle ich mir schon mal eins vor. Noch geht das Laufen ganz gut, aber an den beiden Tschechen können wir doch nicht wirklich dran bleiben. Aber weiter in Sichtweite. Nach dem nächsten Schwimmen merke ich, bergauf wird‘s zäher. Andreas übernimmt die Führung, ich versuch mich dran zu hängen. Ein kurzer Verlaufer aus Unachtsamkeit, glücklicherweise rechtzeitig gemerkt. Die Strecke ist an und für sich super markiert. Nach dem nächsten Schwimmen merke ich meine schwindende Energie. Mir wird kälter, die ersten Meter nach dem Ausstieg friere ich. Laufen ist auch nicht mehr so flockig. Andreas streckt mir die Leine entgegen. Er hat noch Energie.

Teamwork

Dank neuer Strecke stehen wir dann doch irgendwann im Holz vor einer Wegegabelung und haben rechts wie links keine Markierungen. Wir folgen erst mal dem deutlicheren Weg, der auch in die Richtung See läuft. Da müssen wir ja irgendwie wieder hin. Barbara interveniert aber recht bald und will eine Markierung finden. Also erst mal wieder zurück. Klar bergauf. Was sonst. Als wir oben auf die Wiese kommen und uns umdrehen müssen wir lachen. Das hängen mindestens 5 Flatterbänder am Waldrand entlang. Wir waren offensichtlich blind. Oder mit Gels beschäftigt. Oder einfach in Gedanken. Unnötig. Aufpassen wäre von Vorteil. Jetzt auf dem richtigen Weg weiter und zurück an den See. Noch einmal schwimmen und bis zur Wegkreuzung vorlaufen. Die hintere Schleife ist somit absolviert. Barbara hat beim Durchlauf vorhin bei der örtlichen Feuerwehr ein Bier vorbestellt. Und zu ihrer Freude steht der tatsächlich mit einem Becher und frischer Flasche parat. Das wollen wir uns also doch nicht nehmen lassen. Etwas Fun gehört bei uns immer dazu. Aber hoppla. Ich seh ein grünes Team (Halbmarathon) ebenfalls auf die Station zulaufen. Verdammt. Ich dachte hinter uns ist eine viel größere Lücke. Sind wir so viel langsamer geworden? Jedenfalls will jetzt nicht durchgereicht werden. Bier abkippen und weiter. Barbara protestiert, aber sie ist ja angeleint und ich hab jetzt wieder etwas mehr Energie übrig. Schnell den Hügel hoch und um die Kurve. Ich will nicht als Zugpferd für unsere Verfolger dienen.

Wir haben mittlerweile genug SwimRuns gemeinsam bestritten, um nicht groß reden zu müssen. Jetzt ohne Absprachen einfach laufen. Wenn ich vorne bin und Barbara beim Laufen das Seil hinstrecke heisst das: ich fühl mich gut und kann gerade mehr, also werde ich dich ziehen. Wir können das auch akzeptieren, ohne Schwächegefühl oder Komplexe. Wir wissen, es wechselt. Mal geht es dem Einen besser, mal dem Anderen. Von Rennen zu Rennen, zwischen den einzelnen Abschnitten des Rennens, zwischen Schwimmen und Laufen, das gehört dazu. Auch die Akzeptanz. Es ist ein Team Rennen und nur als Team sind wir richtig gut.

Wir erreichen den Knotenpunkt und tatsächlich reicht mir der nette Kerl das Bier schon entgegen. Lecker. Andreas gönnt mir nur wenig Pause. Hinter uns taucht ein Team auf. Uff, bin ich so eingegangen, dass wir eventuell noch von hinten überrollt werden?? Am gespannten Seil keuche ich hinter meinem Mann her. Die lange Schwimmstrecke ist wieder mein Metier. Wir sammeln einen Einzelstarter ein und überholen ein Team von der Trial-Strecke. Der Weg über den Campingplatz ist aus dieser Richtung missverständlich markiert, Andreas zögert vorne kurz, aber ich weiss, dass wir nach links müssen. Noch einmal schwimmen. Andreas erteilt mir die Direktive, drüben das Seil dran zu lassen. Ich kann mir bergauf noch eine kurze Gehpause erbetteln, dann bleibt die Leine unerbittlich gespannt. Rechts, runter, links, steil bergauf. Der Zieleinlauf!

Im Ziel

Barbara hat beim Schwimmen richtig Strecke gemacht und ich häng mich jetzt richtig vors Seil. Auch bergauf. Ich will unsere Position nicht auf den letzten Kilometern verlieren. Es gibt wenig Rücksicht auf Barbara. Beim Campingplatz kommen wir noch mal ins stocken. Ich lauf auf eine T-Kreuzung zu, die in beiden Richtungen beflattert ist. Kein Pfeil. Ich kann mich nicht recht entscheiden. Runter zum Einstieg, oder rauf zum – ja wohin? Zum Glück hat Barbara die Streckenabschnitte immer gut im Kopf und weiss wo es hingeht. Kurz darauf dann das letzte Schwimmen. Das Ziel ist schon in greifbarer Nähe. Rüber zum Einstieg des ersten Schwimmens und dann nur noch im Bogen zur Startwiese rauf. Der Sprecher ist schon zu hören.

Kurz darauf faselt er was vom ersten Team des Halbmarathons…? Kann das sein? Wo sind die Tschechen hin? Naja, erst mal im Ziel und nicht mehr eingesammelt worden. Schön. Wir holen uns eine Cola und ein Frischkäsebrot und sind sehr mit uns zufrieden, als unsere vermeintlichen Verfolger ins Ziel kommen. Es sind die von uns verfolgten Tschechen! Irgendwo haben die sich wohl auch verfranzt und wir sind unbemerkt an ihnen vorbei. Yeahh: nach dem Seniorenpreis letztes Jahr nun der Gesamtsieg im Halbmarathon. Besser kann der Tag nicht enden.

Umziehen und ab zum Büfett im Schlosshof.

Uff! Wir sind als Team einfach gut. Alleine wäre ich auf der letzten Laufstrecke wahrscheinlich nur noch gewandert. Ich falle Andreas dankbar um den Hals. Dann die grosse Überraschung – die Tschechen kommen drei Minuten nach uns rein. Haben sich wohl auch irgendwo verlaufen. Wie jetzt? Gesamtsieg im Teamwettbewerb? Wie geil ist das denn!!! Nächstes Jahr müssen wir dann wohl doch den Marathon des Backwater SwimRun machen, denn ob wir den Platz wirklich verteidigen können?

Wir kommen wieder 🙂 und hoffentlich kann ich mich wieder durchsetzen und wir machen die Halbe 🙂

Fazit

Der Backwater SwimRun ist jede Reise wert. Die Landschaft ist und war überraschend. Tief in den Wäldern muten die Gesteinsformationen wie das Fichtelgebirge an, die Kombination aus Fjorden, Steinen und Wäldern versetzen einen fast nach Skandinavien. Die Organisation ist top. Und die Kulisse um das Schloss Ottenstein einzigartig. Es werden vier verschiedene Distanzen angeboten: Marathon, Halbmarathon, Sprint und Trial. Letztere drei Strecken sowohl im Team als auch Einzel. 2022 soll das Event Ende Mai stattfinden. Für uns jetzt schon ein fester Termin im Sportkalender!!!